Afrika Wochenende
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Afrika Wochenende

In den Jahren 2010 sowie 2013 war BACOS für die Planung, Organisation und Durchführung eines„Afrika Wochenendes“ im Boostedter Hof Lübbe verantwortlich. Ausstellungen, Konzerte, Vorträge,ein afrikanischer Kunsthandwerkermarkt und vieles mehr gehörten zu den Programmpunkten, hierein Nachbericht von 2013:

Am 15. Februar war es endlich soweit. Nach intensiver Vorbereitung konnte das Afrikafest im Hof Lübbe beginnen. Um 18.00 Uhr trafen die ersten Gäste ein. Schon im Eingangsbereich konnte eine riesige selbst gefertigte Landkarte des Kongo bewundert werden. Daneben hing eine Karte von Westeuropa, die zeigte, wie groß das afrikanische Land im Vergleich zu den Staaten unseres Kontinents ist. Die Diele des alten Bauernhofes war festlich geschmückt. An den Holzstreben hingen afrikanische Tücher, die zu Schleifen gewunden waren. Eine große Kongofahne grüßte von einem Querbalken herab. Auf den Tischen häuften sich Waren aus vielen Ländern Afrikas und Südasiens. Der Tisch der Tombola quoll über von Preisen. Dreihundert liebevoll verpackte Geschenke warteten auf die glücklichen Gewinner. Aber auch die Verlierer brauchten keine Tränen zu vergießen; denn nach der sechsten Niete sollte es auf jeden Fall einen Trostpreis geben. Auch selbstgemachtes Gebäck stand zum Verkauf, und außerdem konnte man mit viel Geschick genähte Kissen und Taschen erwerben. Aus den Fenstern starrten die Besucher furchterregende Masken an, aber auch landestypische Werkzeuge waren zu sehen, dazu Musikinstrumente, Piroggen, Schmuckstücke aus Malachit und vieles andere mehr. Jedoch musste die Ausstellung mit ihren verlockenden Angeboten zunächst einmal zurückstehen; denn der erste Abend sollte nicht dem Messebetrieb gehören, sondern der Information und der Reflektion.
So eröffnete Propst Block, der für die Kongoarbeit zuständig ist, die Veranstaltung. Er wies daraufhin, dass die Partnerschaftsarbeit in dem zentralafrikanischen Land 1987 von der damaligen Krankenschwester Ulrike Matthiesen aus Neumünster begründet worden war. Der erste Höhepunkt des Abends war die Vorlesung aus der Kongogeschichte David Reybroucks. Die Vorleserin Ina Koppelin führte aus, dass es vielleicht angebrachter gewesen wäre, an dieser Stelle einen Auszug aus einem Reiseführer vorzulesen. Aber da die Touristen in der Regel einen großen Bogen um das von vielen Problemen geplagte Land machen, konnte die Vorleserin keine Touristeninformation liefern, sondern musste dem Reybrouckbuch den Vorzug geben.
Das Werk des Belgiers war 2012 mit dem Sachbuchpreis des NDR ausgezeichnet worden. Dazu war ein kurzer Film entstanden, der nun als Vorspann vorgeführt wurde. In dem Film erschien ein Kongolese, der inzwischen ein guter Freund Reybroucks geworden ist und ständig mit ihm verkehrt. Für ihn ist Reybrouck der erste Europäer, der -so führte er in einem Interview aus - seinem Land nicht mit einem Gefühl der Überlegenheit, sondern mit Respekt und Lernbereitschaft begegne.
Die Synodenpräses las dann mit bewegter Stimme einige Abschnitte aus dem Reybrouckbuch vor. Es wurde deutlich, dass nicht erst heute das Land von entsetzlichen Gewalttaten heimgesucht wird. Bereits im 19. Jahrhundert geschahen schlimme Dinge. Lange nach dem internationalen Verbot des Sklavenhandels machten arabische Sklavenjäger an den Ufern des Kongos ihre Beute. Dabei war die Sklaverei noch nicht einmal das Schlimmste. Oft kamen junge Afrikanerinnen und Afrikaner als Haussklaven nach Indien oder in arabische Länder. Furchtbar war vor allem, dass die Menschen aus ihrem Dorfzusammenhang gerissen und von ihren Familien getrennt wurden; denn ein Afrikaner ist ohne Familienmitglieder, Nachbarn und Freunde nicht existenzfähig. Außerhalb der Gemeinschaft gibt es für ihn kein Leben, das diesen Namen verdient. Die Synodenpräses, die bereits dreimal den Kongo bereist hat und zu den besonders aktiven Förderern der Partnerschaft gehört, schloss die Vorlesung mit hoffnungsvollen Worten. Sie gab der Überzeugung Ausdruck, dass in Zukunft das Verhältnis zu Afrika nicht mehr von Gewalt und Unterdrückung, sondern von Verständnis und gegenseitiger materieller und geistiger Unterstützung gekennzeichnet sein werde.
Anschließend lebte noch einmal in bewegten und festen Bildern die schöne Zeit auf, die die Delegation der Boostedter und der Bonhoeffergemeinde in Neumünster im Oktober letzten Jahres bei dem Besuch der Partnergemeinden in Katanga gehabt hatten. Besonders beeindruckten die Tänze, die die Frauen während des Gottesdienstes aufführten. Die rhythmische Musik dazu ging einem so richtig unter die Haut. Auch stockte einem noch im Nachhinein der Atem, wenn man die Ankunft der Cessnamaschine auf der Piste in Kinkondja verfolgte, die eher einem vernachlässigten Feldweg als einer modernen Landebahn glich. Fast hätten die Zuhörer auch noch einen tüchtigen Schreck bekommen, als die aus einer alten LKW-Felge bestehenden Schulglocke zu hören war, die nur mit einem Eisenstab zum „Klingen“ gebracht wurde. Aber keine Angst! Das Publikum war rechtzeitig gewarnt und der Ton auch entsprechend leise gestellt worden.
Bei der Vorführung wurde deutlich, dass der von Boostedt so stark geförderte Bau der Bartholomäuskirche in Kinkondja weitgehend zum Abschluss gekommen ist. Nur der inzwischen reichlich vorhandene Zement wartet noch auf seine Verwendung, damit der Fußboden des Gotteshauses vollendet werden kann. Dann ist es auch möglich, die bereits vorhandenen Bänke einzubauen. Die Boostedter bekamen noch weitere Einblicke in die von ihnen geförderten Projekte. Die Schülerschaft der lutherischen Schule trat geschlossen zur Sojaspeisung an, und niemand blieb ungerührt, als er auf so vielen jungen Gesichtern die Freude und Dankbarkeit für die einfache Nahrung sah. Allerdings sind die Gebäude der von der lutherischen Kirchengemeinde Kinkondja unterhaltenen Schule baufällig und auch die Klassenräume völlig unzureichend ausgestattet. Einvernehmen herrschte daher darüber, dass die Hilfe für die Schule in Zukunft oberste Priorität haben müsse.
Nach so vielen neuen Eindrücken und trotz wunderschöner musikalischer Einlagen und einiger Bewegungsübungen war die Aufnahmebereitschaft der Gäste nahezu erschöpft. Durch gemeinsames Gebet und Segen gestärkt, ging es nach Hause, und alle waren gespannt, was denn der nächste Tag in Boostedt bringen würde.

Samstag

Am Samstagmittag kündigte schon der Parkplatzmangel an, dass Großes bevorstand. Im Hof Lübbe herrschte gewaltiger Trubel. Viele neue Stände waren hinzugekommen. Es wurde über Projekte in Kenia, Uganda und Südafrika informiert. Viele Waren wurden angeboten, deren Erlös den Notleidenden in diesen Ländern zu Gute kommen sollte. Unter anderem ging es um Hilfe für HIV-Infizierte und Waisenkinder. Es konnten auch bunt bedruckte Tuche aus Ghana erworben werden, und erste Vorbereitungen für ein afrikanisches Perlenfest in Großharrie wurden getroffen. In einem gesonderten Raum wurde in Texten und Bildern über die oft so leidvolle Geschichte des Kongo informiert.
Weiter wurde in einem bildgestützten Vortrag über die gesundheitliche Lage im Kongo berichtet.
Dr. Nebendahl wies darauf hin, dass in dem zentralafrikanischen Land ein großer Ärztemangel besteht und selbst die wirklich niedrigen Behandlungskosten für die Bevölkerung ein großes Problem darstellen. Erschreckend sind die hohe Kindersterblichkeit und die niedrige Lebenserwartung (48 Jahre, nach optimistischen Einschätzungen). Die Versorgung mit sauberem Trinkwasser macht große Schwierigkeiten. Selbst reichlich trübes Quellwasser muss häufig von Frauen in auf dem Kopf getragenen Kanistern über große Entfernungen heran transportiert werden. Zur sozialen Situation ist zu sagen, dass ein fester Arbeitsplatz keine Selbstverständlichkeit ist. Nur in manchen Berufsgruppen können Kongolesen mit einem festen Gehalt rechnen. So erhalten Ärzte z. B. 100,--$ im Monat, und Lehrer müssen sich mit 70,-$ zufrieden geben. Eine regelmäßige Auszahlung der Gehälter ist dabei noch nicht einmal garantiert. Polizisten erhalten vom Staat nur ihre Uniform. Wie sie zu Geld kommen, ist ihre Angelegenheit.
Am Abend hatte man endlich genug von den Problemen. Jetzt trat die fünfköpfige Reggaeband Safrafra aus Kiel in Aktion. Alles wiegte sich zu den Rhythmen der fremdartigen Musik. Eifrig wurde getanzt, und nach jedem Song hörte man Klatschen, Pfiffe und Begeisterungsrufe. Erst kurz vor Mitternacht verließen die letzten Anhänger der jamaikanischen Musikrichtung den Hof Lübbe, wobei erwähnt sei, dass Jamaika zu 91% von Nachkommen afrikanischer Sklaven bewohnt wird.


Sonntag

An Invokavit, dem ersten Sonntag in der Passionszeit, herrschten in Boostedt fast afrikanische Verhältnisse. Nahezu 300 Menschen waren in den Hof Lübbe geströmt, um den Gottesdienst zu besuchen. So viele Personen hatten sich in dem alten Bauernhaus wohl noch nie versammelt. Viele Besucher fanden keinen Sitzplatz mehr, einige mussten auf den Tischen stehen oder auf dem Schoß des Nachbarn Platz nehmen. Allerdings wurde der Gottesdienst durch die Nachricht überschattet, dass der vierzehnjährige Sohn Solanges gestorben ist. Solange ist die ehemalige Partnerschaftsbeauftragte der Eglise Evangélique Luthérienne au Congo (EELCo) und arbeitet jetzt als Pröpstin in einem der Elendsquartiere Lubumbashi.
Der Sonntag stand ganz im Zeichen der Kinder. So traten auch Kinderchöre in Aktion, und es gab viel Gelegenheit zum Mitmachen und zur Bewegung. Während des Gottesdienstes traten auch zwei reichlich abgespannt aussehende Europäer mit ihrem Reisegepäck auf die Bühne. Besorgt fragten sie, ob sie im Kongo wirklich willkommen seien. Aber dann wurden ihnen Blumenketten um den Hals gelegt, Sträuße überreicht, ihnen zu Ehren Tänze aufgeführt und ihnen auch der traditionelle Willkommensgruß „Wako, wako“ entgegengerufen. Pastor Balozi aus Kenia erklärte die freundschaftliche Begrüßung damit, dass für Afrikaner alle Menschen als Geschöpfe Gottes zusammengehören würden und daher selbst Besuch aus den entferntesten Ländern als wahre Gnade empfunden werde.
Nach dem Gottesdienst konnte man ein leckeres Gericht genießen oder auch ein erfrischendes Getränk zu sich nehmen. Es wurde gebastelt, getrommelt, gemalt und dazu auch Gospellieder mit Mundharmonika- und Klavierbegleitung gesungen.
Bei den abschließenden Vorträgen wurden in Filmausschnitten der Tageslauf eines Mädchens aus Malemba Nkulu gezeigt. Die kleine Kongolesin - so hörte man - hat zwar ehrgeizige Pläne - sie möchte nämlich Ärztin werden -, aber am Morgen kann sie noch nicht einmal damit rechnen, dass sie im Laufe des Tages etwas essen wird. Nur Mangofrüchte, die in Katanga überall wachsen, stehen ihr mit Sicherheit als Nahrung zur Verfügung.
Während noch über die Lebensverhältnisse der kleinen Nadesch diskutiert wurde, kündigte sich bereits der nächste Programmpunkt an. Mit einem mitreißenden Konzert des Kinderchores der Boostedter Schule und des Holtenauer Gospelchores fand das Afrikawochenende einen grandiosen Abschluss. Alle Teilnehmer konnten auf drei gelungene Tage zurückblicken, und der Bartholomäusgemeinde in Boostedt und der Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde aus Neumünster muss für ihren erfolgreichen Einsatz hohe Anerkennung ausgesprochen werden. Es kann nur heißen: „Weiter so!“
(Otto Viethsen)

 

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